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Kommen die Möbel einer Küche „unter die Räder“?

Vorstand des Küchenmöbelverbands tagt in der „Leicht Welt“

Herford den

Stefan Waldenmaier, der Vorsitzende des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie (VdDK e.V.), Herford, mit Heimspielvorteil: Am 15. Oktober traf sich der Vorstand des Herstellerverbands in der neuen „Leicht Welt“, Waldstetten bei Schwäbisch Gmünd, zur Herbsttagung. Diskutiert wurden Themen wie Messelandschaften, Innovationszyklen, technische Belange sowie Rechtsfragen zu Compliance und der aktuellen, hochgefährlichen  Praxis von Insolvenzanfechtungen.

Die „Leicht Welt“, im Oktober vergangenen Jahres eingeweihtes Ausstellungs- und Schulungszentrum der Leicht Küchen AG in Waldstetten, ragt schon rein optisch aus dem Ortsbild heraus. Das 3-etagige, moderne Gebäude mit einem Investitionsvolumen über 6 Mio. Euro ist ein augenfälliger Monolith voller Eleganz und Großzügigkeit. Innen präsentiert der Hochwert-Küchenanbieter so ziemlich alles, was es von ihm an Neuheiten und Innovationen zu zeigen gibt.

Küchenwohntrends als Premium-Messe für Küche und Wohnen

Ein idealer Platz auch für Veranstaltungen – beginnend mit Vertriebsschulungen über Verkaufsgespräche bis hin zu Tagungen, wie kürzlich die des VdDK-Vorstandes. Gastgeber und Leicht-Vorstand Waldenmaier nutzte die Gelegenheit der Unternehmensdarstellung in vollkommener Weise, natürlich mit dem sprichwörtlichen schwäbischen Understatement.

Nach einer gelungenen Abendveranstaltung übernahm Michael Rambach, Trendfairs GmbH (München), den Aufschlag zur Vorstandssitzung am Folgetag und warb mit Herzblut für die kommende Küchenwohntrends 2016 im Münchener MOC. Neu an diesem zweitägigen Märzevent sind ein Publikumstag für finanzstarke „High Potentials“ aus der Endverbraucherszene des Großraums München, die konzeptionelle Verschmelzung von Küche und Wohnen sowie eigenständige Design-Inszenierungen unter dem Titel „Lebensraum“.

Top-Exportlage, gute Umsätze, übervolle Messekalender

Der Rechenschaftsbericht des VdDK-Hauptgeschäftsführers Dr. Lucas Heumann ließe sich in einem Satz zusammenfassen: 2015 ist und bleibt ein erfreuliches Erfolgsjahr für die Branche – leider maßgeblich nur getragen vom Export. Wermutstropfen im Wachstumskonsens – so die Diskussion zum Geschäftsbericht: Der Wertschöpfungsanteil der Küchenmöbelhersteller sinkt immer mehr zu Gunsten der Elektrogeräteanbieter. Während E-Geräte längst Statussymbol geworden sind, leiden nicht wenige Küchenmöbelhersteller an Anonymität bzw. fehlender Markenmacht, an Produktwert-Verfall. O-Ton Waldenmaier: „Wir müssen Küchenmöbel unbedingt repräsentativer machen!“

Genau da kommt der Handel ins Spiel und dessen Rolle als Vermarkter der weltweit mit weitem Abstand führenden deutschen Küchenbranche. Die Diskussion war intensiv, ob und wie lange noch der Küchenhandel beispielsweise die Belastungen durch sehr kurze oder nur scheinbare Innovationszyklen in Kauf zu nehmen bereit ist. Doch auch die Industrie ist belastet: Denn kürzere Produktzyklen sind gleichzusetzen mit sinkenden Margen und höheren Kosten. Was wiederum auf der Vorstandssitzung schnell zur hohen Dichte des jährlichen Messekalenders führte – und zu recht unterschiedlichen Lösungsideen.

Das gültige Insolvenzrecht fördert Folge-Insolvenzen

Das Thema Recht stand sowohl im Vortrag von Gast Prof. Christian Langbein (PF&P Rechtsanwälte, Ulm) als auch beim Beitrag von Dr. Heumann im Fokus. Während Rechtsanwalt Langbein umfassend zum Komplex ‚Preise, Konditionen und Compliance im Mittelstand‘ zu informieren suchte, nahm Heumann die immer lauteren Beschwerden der Wirtschaft über die derzeit gültige Insolvenzordnung aufs Korn.

Die vor einigen Jahren neu verabschiedete Insolvenzgesetzgebung erlaubt rückwirkende Anfechtungen über zehn Jahre. Doch wenn dies für Lieferanten nicht schon genug an Dramatik bedeute: Vielmehr ist nunmehr auch die Beweislast umgekehrt. Im Klartext: Wenn ein Lieferant nicht beweisen kann, dass er von möglichen wirtschaftlichen Problemen seines Kunden im Zeitraum der vergangenen 10 Jahre vor dessen Insolvenz definitiv nichts wusste, können die Rechtsfolgen für diesen Lieferanten gravierend sein.

Die Berichterstattung in den Medien gerade in jüngster Zeit zeigte erschreckende Bilder, in denen gesunde, erfolgreiche Mittelstands- und Handwerksbetriebe – die jenen Unschuldsbeweis zur Nichtkenntnis nicht führen konnten – selbst in Folgeinsolvenzen rutschten. Ein arbeitsmarkt- wie wirtschaftliches Desaster mit krebsartiger Breitenwirkung, welches der Gesetzgeber allmählich zu korrigieren gedenkt (vier Jahre Rückwirkung, erneute Beweislastumkehr – nun sinnvollerweise wieder Unschuldsvermutung).

Die Normenmacht Chinas bleibt bei der Küche begrenzt

Auf der VdDK-Vorstandssitzung berichteten weiterhin Andreas Ruf und Dr. Olaf Plümer zu technischen Fragestellungen. Ruf informierte über den Sachstand bei der Entsorgung von Transportverpackungen, Plümer über die Erweiterungen der DCC-Aktivitäten auf das Segment Möbelhandel. Mit großem Interesse wurde der Vortrag von Georg Lange (HDH/VDM, Bad Honnef) aufgenommen, der neben Normungsfragen mit Schwerpunkt Küche recht Erfreuliches zur HDH-Messreihe „Formaldehyd am Arbeitsplatz“ zu sagen hatte.

Wie bekannt, werden ab 1. Januar 2016 auf Grund nachgewiesener Karzinogenität (H 350) alle formaldehydhaltigen Erzeugnisse (Lacke, Klebstoffe etc.) kennzeichnungspflichtig. Nicht unwahrscheinlich ist auch eine Absenkung des bisherigen Grenzwertes von 0,1 ppm (E 1) bei marktgängigen Spanplatten. Drastische Veränderungen wie nach CARB 2 oder entsprechend dem „Blauen Engel“ auf 0,05 ppm scheinen zumindest mittelfristig vom Tisch.

Formaldehyd: Messreihen an Arbeitsplätzen der Branche erfolgreich abgeschlossen

Der Arbeitsplatzgrenzwert für Formaldehyd ist bereits seit März 2015 auf 0,3 ppm abgesenkt. Hier ist dem HDH dank Industrieunterstützung inzwischen für die Möbelindustrie und das Tischlerhandwerk gelungen, eine umfassende Messreihe an 227 Arbeitsplätzen aufzustellen. Ein Resultat: Branchenübergreifend als potentiell „nicht gefährdend“ sind einzustufen sämtliche zerspanende Arbeitsprozesse wie Hobeln, Schleifen, Sägen, Bohren und zwar selbst dann, wenn die be- und verarbeiteten Produkte formaldehydhaltig sind.

Bis Ende Januar 2016 hat der HDH sich das Ziel gestellt, gemeinsam mit der BG Holz Metall die bestehenden Expositionsbeschreibungen für die Branchen „Industrielle Möbelfertigung“ – also auch Küche – und „Schreiner-/ Tischler-Handwerk“ zu aktualisieren. Die Möbelbranche sei in einer insgesamt komfortablen Position, was die Formaldehyd-Exposition am Arbeitsplatz anginge, so der Konsens im VdDK-Vorstand. Für die nächste Vorstandsitzung stimmte das Gremium abschließend der Einladung des Zubehörlieferanten Hansgrohe in Schiltach zu.